Mit viel Schwung in die Vollen

In der Tagespflegestätte der Caritas haben Senioren Spaß beim Bowling

Karlstein. Es gibt Dinge, die verlernt man nicht. Der Bewegungsablauf läuft perfekt, auch mit 90 Jahren. Hedwig Malsy legt die Bowlingkugel in ihre rechte Handoberfläche, sichert das löchrige Spielgerät mit der linken Hand obendrauf, holt aus, macht zwei Schritte und bringt die Kugel schwungvoll, fast geräuschlos auf die Bahn. Fünf Kegel fallen um, ein anerkennendes „Ooooh“ geht durch den Saal des Rudolf-Wöhrl-Pavillons im Haus der Begegnung Am Oberborn in Karlstein, wo die Senioren der Tagespflegeeinrichtung des Caritasverbandes Aschaffenburg sich zum Bowling treffen.

An diesem sportlichen Nachmittag schiebt niemand eine ruhige Kugel. Ob – wegen einer Gehbehinderung – im Sitzen oder mit ein wenig Anlauf auf zwei Beinen, alle Senioren werfen die Kugel wird mit Wumms in Richtung der zehn roten Pins. Der Bowlingnachmittag, die Älteren sagen gern „wir kegeln“, bringt Spaß in die Runde. Das Bowling fördert die Beweglichkeit und stärkt sowohl die Muskulatur als auch das soziale Miteinander. Die Gruppe kennt sich, viele besuchen seit Jahren die Tagespflege der Caritas, wo sie an fünf Tagen der Woche Betreuung, Sicherheit, Abwechslung sowie eine kreative Beschäftigung finden und Freunde und Bekannte treffen. Die Tagespflege bietet älteren und hilfebedürftigen Menschen, die tagsüber Hilfe und Betreuung benötigen, aber weiterhin in ihrer Wohnung oder bei ihrer Familie leben möchten, eine aktivierende Pflege und therapeutische Hilfen an.

Elisabeth Wagner ist sozusagen die Dienstälteste in der Gruppe. Die 83-jährige Hainburgerin besucht bereits seit März 2015 die Tagespflege der Caritas und genießt das vielseitige Programm der Betreuungseinrichtung. Auch Hedwig Malsy aus Seligenstadt sagt, sie sei dankbar, dass es dieses Angebot der Caritas gebe. „Mein Mann ist seit 24 Jahren tot. Ich mache das Beste draus. An zwei Tagen die Woche komme ich hierher. Ich brauche Abwechslung, hier finde ich sie“, so die 90-Jährige, die früher als Feintäschnerin gearbeitet hat.

Für sie ist der Bowlingnachmittag auch eine Zeitreise. „Wir haben früher viel gekegelt. Wir waren ein wilder Haufen, der sich regelmäßig getroffen hat“, erinnert sich Hedwig Malsy. Ihre Augen strahlen. „Alle Neune“ hat sie – wie früher beim Kegeln – in der Tagespflege nicht geschafft, doch nach drei Würfen lagen alle zehn zum Bowling gehörenden Pins auf dem Boden. Die Seniorenrunde applaudiert. „Kann ich die Kugel bitte noch mal haben“, fragt Hedwig Malsy die stellvertretende Pflegedienstleiterin Susanne Günther. „Ich versuch´s nochmal“, sagt Hedwig Malsy und holt weit aus. Vier Pins wackeln, drei fallen.

Kegelbruder Josef Wirth hat den Dreh raus und einen Plan, wie am besten abgeräumt werden kann: „Die Kugel muss auf einer geraden Linie mit Kraft durch die Gasse rollen.“ Soweit die Theorie. Nach drei Würfen hat auch er die Kegel flachgelegt und sagt stolz: „Seht ihr, so geht´s.“ Mit einem Augenzwinkern ruft eine Frau in der Runde „Um besser zu werden, müssen wir wohl Zielwasser trinken.“ Für Betreuungsassistentin Brigitte Meder klingt das wie ein Wunsch, den sie gern erfüllt. Fünf Minuten später stoßen die ein Dutzend Senioren mit einem Gläschen Eierlikör auf den unterhaltsamen Bowlingnachmittag an. Es gab keinen Wettbewerb und keine Sieger, doch gewonnen haben alle.